Impulse franziskanischer Schöpfungsspiritualität

Bruder Stefan Federbusch
Provinzialvikar der Deutschen Franziskanerprovinz, München

Herzliche Einladung zum Vortrag am Mittwoch, 25. Juni 2025 um 19:00 Uhr im Kloster Maria Stern, Augsburg, Sterngasse 5
Wir bitten um Anmeldung bis 24.06. per Telefon: 0821 3298 213

Vor 800 Jahren hat Franz von Assisi den Sonnengesang verfasst. Mehr als ein romantisches Lied auf die Natur! Für den heiligen Franziskus waren alle Geschöpfe, alle Elemente und Dinge „Schwestern“ und „Brüder“. Seine Haltung gegenüber der Schöpfung war geprägt von Demut, Ehrfurcht und Achtsamkeit. Diese geschwisterliche Haltung, aus der auch Papst Franziskus in seinen Enzykliken „Laudato si‘“ und „Fratelli tutti“ spricht, prägt bis heute die franziskanische Schöpfungsspiritualität. Sie gründet auf einem tiefergehenden Verhältnis zur Schöpfung: In einer kosmischen Verbundenheit und universalen Geschwisterlichkeit können wir unserer Verantwortung für unsere Mitwelt und das „gemeinsame Haus“ Erde durch konsequent nachhaltiges Handeln gerecht werden.

Höchster Herr, du bist allmächtig und gut,
dir allein gebührt Lob und Ruhm,
Dank und Ehre; kein Mensch ist würdig,
deinen Namen auch nur zu nennen.

Alle deine Geschöpfe sollen dich preisen, Herr!
Vor allem unsere Sonne, die edle Schwester,
sie bringt uns den Tag und das Licht;
schön und strahlend in mächtigem Glanz
ist sie ein Gleichnis deiner Herrlichkeit.

Es preise dich, Herr,
der Bruder Mond und die Sterne!
Du hast sie am Himmel gebildet,
sie leuchten kostbar und schön.

Es preise dich, Herr,
der Bruder Wind und die Luft!
Durch bewölkten und heiteren Himmel,
durch jegliches Wetter
erhältst du deine Geschöpfe am Leben.

Es preise dich, Herr,
unsere Schwester, das Wasser!
Es ist so nützlich und demütig,
so köstlich und rein.

Es preise dich, Herr,
unser Bruder, das Feuer!
Damit erleuchtest du uns die Nacht,
schön ist es und lebendig,
gewaltig und stark.

Es preise dich, Herr,
unsere Schwester, die Mutter Erde!
Sie trägt und erhält uns,
sie bringt vielerlei Früchte hervor,
Kräuter und bunte Blumen.

Es preisen dich, Herr,
alle, die einander vergeben,
weil sie dich lieben;
alle, die Krankheit ertragen und Elend.
Selig, die leiden in Frieden,
sie werden von dir, dem Höchsten, geehrt.

Es preise dich, Herr,
unser Bruder, der leibliche Tod!
Ihm kann niemand entrinnen.
Wehe denen, die sterben in schweren Sünden.
Selig, wer heimgeht in deinem heiligen Willen,
die Mächte des ewigen Todes haben keine
Gewalt über ihn.
Lobet und preiset meinen Herrn, danket ihm
und dienet ihm in großer Demut.

„Laudato si, mi Signore“
Gelobt seist du, mein Herr!

2015 schreibt Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“: Der heilige Franziskus erinnert uns in seinem Sonnengesang daran, dass unser gemeinsames Haus wie eine Schwester ist, mit der wir das Leben teilen, und wie eine schöne Mutter, die uns in die Arme schließt: Gelobt seist du mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns nährt und erhält und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter …

Diese Schwester schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat. Wir sind in dem Gedanken aufgewachsen, dass wir ihre Eigentümer und Herrscher seien, berechtigt, sie auszuplündern. Die Gewalt des von der Sünde verletzten menschlichen Herzens wird auch in den Krankheitskeimen deutlich, die wir im Boden, im Wasser, in der Luft und in den Lebewesen bemerken. Unter den am meisten verwahrlosten und misshandelten Armen befindet sich unsere unterdrückte und versklavte Erde, die „seufzt und in Geburtswehen liegt.“

„Wir vergessen, dass wir selber ERDE sind!“

2023, am 4. Oktober, veröffentlichte Papst Franziskus sein Rundschreiben „Laudate Deum“ und richtet es an alle Menschen guten Willens. Es ist die konzentrierte Fortsetzung in der Sorge um unsere Erde durch den Klimawandel. In prophetischen Worten, wissenschaftlich ausgerichtet, zeigt der Papst auf, „dass die meisten viel zu wenig reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht. Die Folgen des Klimawandels gehen zu lasten der Menschen und sind nicht mehr zu leugnen, zu verstecken oder zu relativieren. Und das in einer Geschwindigkeit, dass eine einzige Generation genügt, dies alles wahrzunehmen: Dürre, Überflutungen, Hitze, Abschmelzen der Eisschilde, Sauerstoff-Verarmung – Zeichen des Weheklagens der Erde!

Stimmen aus Amazonien: Die Attentate gegen die Natur vernichten das Leben der Völker.
Aus Afrika: Schockierende Zeichen für eine strukturelle Sünde. Die Armen werden angeklagt und als Verursacher für schuldig erklärt. Doch ein kleiner Prozentsatz der Reichsten auf der Erde verschmutzen die Umwelt mehr als die 50 Prozent der Ärmsten der Weltbevölkerung. Die Macht des Menschen hat sich in nur wenigen Jahrzehnten rasant gesteigert.“ Franziskus warnt vor der Gefahr,

„dass der Mensch vorgibt, den Platz Gottes einzunehmen!“

Der Papst ruft auf, den Weg der Versöhnung mit der Welt zu gehen durch ein bewusstes Leben aus dem Glauben. – Lesen Sie selbst:

https://www.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/20231004-laudate-deum.html

Bild: Julia Frey, RS Maria Stern Immenstadt