Missionsland Brasilien

Bis 1937/38 wirkten viele Schwestern unserer Gemeinschaft in Schulen, in Volks- und weiterführenden Schulen wie in Göggingen, Nördlingen, Immenstadt und St. Elisabeth in Augsburg. Durch die NSDAP mussten alle Privat-, d. h. alle klösterlichen Schulen geschlossen werden. Viele der Lehrerinnen aber wollten ihrem Lehr- und Erziehungsauftrag treu bleiben. So entstand der Wunsch, in einem Missionsland arme Kinder zu unterrichten. Durch eine Begegnung mit dem damaligen deutschen Abt der Benediktiner von Olinda bei Recife wurden die Schwestern nach Brasilien eingeladen. Frau Mutter M. Josefine Lederer entsandte 1938 und 39 in drei Gruppen etwa 30 Schwestern.

Verlassene, ruinenhafte Privatschulen im Bundesstaat Pernambuco wurden ihnen angeboten. Und sie nahmen den Wiederaufbau, die Schulgründung mit viel Mut und Gottvertrauen auf, trotz größter Armut, bei ungewohnt großer Hitze, ohne ausreichende Sprachkenntnisse und ohne Rückhalt vom Mutterhaus, denn durch den inzwischen ausgebrochenen Weltkrieg waren keine Verbindungen mehr möglich. Zunächst konnten die Schwestern bei den Benediktinerinnen in Olinda wohnen und Portugiesisch lernen. Dann brachte sie der Bürger-meister ihres ersten Wirkungsortes nach

Timbaúba

Dort bauten die Schwestern die alten Gebäude um und errichteten eine Volksschule, ein Gymnasium mit Internat und eine Lehrerinnen-Bildungsanstalt. Noch im gleichen Jahr 1938 kam das Schiff mit der 2. Schwesterngruppe nach 11 Tagen über Genua in Recife an – wenige Tage vor Weihnachten! Sie sollten im 450 km von Recife entfernten

Triunfo

das leerstehende Gebäude einer ehemaligen Maristenmission neu beleben und eine Schule einrichten. Bald nach dem Krieg wurde dort auch das Noviziat für brasilianische Mädchen und junge Frauen, die um Aufnahme in unsere Klostergemeinschaft baten, eingerichtet.

Die erste brasilianische Mitschwester, Maria da Gloria, war 1947 in Triunfo eingetreten und ist 2020 mit 101 Jahren verstorben.

Limoeiro

Kurz vor Ausbruch des Krieges, im Juni 1939, kam die 3. Gruppe der deutschen Sternschwestern an und übernahm die leerstehenden Schulgebäude der Missionsbenediktinerinnen in Limoeiro. Auch hier wurden Schulen, Kindergarten und eine Lehrerinnen-Bildungsanstalt eingerichtet.
Angesichts der großen Armut genügte es den Schwestern nicht, in den großen Schulen zu unterrichten. Ihr sehnlichster Wunsch war, den sie schon von daheim mitbrachten, sich für die Armen einzusetzen. In Timbaúba gelang es schon bald, eine Schulklasse einzurichten für die ärmsten Kinder, ohne Schulgebühren berechnen zu müssen. In allen drei Niederlassungen wurden jeder Schule

Sozialwerke

angegliedert: Arme Kinder konnten unentgeltlich Kindergarten und Schule besuchen, für Jugendliche wurden Werkstätten eingerichtet, an Koch- und Nähkursen konnten Frauen und Mädchen teilnehmen. In Limoeiro entstand ein Heim für behinderte Kinder. Außerhalb der Stadt, in den Armenvierteln, errichteten die Schwestern 7 Grundschulen.

Das gesamte Sozialwerk wurde durch eine fabrikähnliche Näh- und Stickwerkstatt erweitert. Bald kamen Aufträge von Firmen und Geschäften. So wurden nicht nur Verdienstmöglichkeiten für die arme Bevölkerung geschaffen, oder für die Jugendlichen eine bessere Vorbereitung für den Einstieg in eine Berufsausbildung, sondern es konnte in den Armen ein lebensnotwendiges Selbstwertgefühl aufgebaut, durch das Gemeinschaftserlebnis und die Betreuung durch die Schwestern Festigung ihres Glaubens und Gottvertrauens mitgegeben werden.

In

Triunfo

baute man ein großes Kinderheim , das Lar St. Elisabeth, um armen Waisenkindern aus weit entfernt liegenden Dörfern den Schulbesuch zu ermöglichen. Für Jugendliche und erwachsene Frauen errichteten die Schwestern ein Sozialzentrum, für Koch- und Handarbeitskurse, sowie eine kleine Werkstatt, in der Strohmatratzen hergestellt wurden.

Kleine Gemeinschaften

entstanden vor allem in den 1980er Jahren durch die Bewegung der Theologie der Befreiung. Die Schwestern solidarisierten sich mit den Ärmsten der Armen und wollten auch in den Armenvierteln wohnen, um mit ihnen den Weg zu einem menschenwürdigen Leben in Freiheit gehen zu können. Zwei oder drei Schwestern in jeder Gemeinschaft wollten so im Miteinander leben, gleich arm und anspruchslos wie Christus, wie Franziskus, den Glauben bringen und weitertragen und Frieden bewirken.

Die Schwestern fühlten sich auch verantwortlich für die prekäre Situation der indianischen Bevölkerung. Im Jahr 1971 folgten vier Schwestern dem Aufruf des Bischofs und machten sich auf den

„Weg“ an den Amazonas

Etwa 1200 km flussaufwärts, im Städtchen Juruti wurden sie herzlich willkommen geheißen, wo bereits 2 deutsche Padres arbeiteten und die Bevölkerung freudig auf sie wartete. Kindergärten entstanden in vielen Indianerdörfern; „Wohnhütten“, die zu dieser Zeit vielfach noch aus Palmblättern errichtet waren, wurden nach und nach in organisierten Gruppen von den Familienvätern mit selbstgefertigten Ziegeln neu errichtet; eine Keramikfabrik, in der viele Arten von Töpfen und kunstvoll verzierten Vasen geformt wurden, konnten zum Verkauf angeboten werden. Handarbeitskurse für Mädchen und Frauen wurden eingeführt, Hängematten hat man angefertigt für Groß und Klein, vor allem für die 26 von Sr. Brunhilde erbauten, ganztägig geöffneten Kindergärten. Durch sie wurde besonders über die Bewusstseinsbildung viel erreicht für die gesamte Bevölkerung; Die Bauern begannen gegen die Abholzung des Amazonaswaldes, die Ausbeutung der Bodenschätze wie den Abbau von Bauxit und anderer Mineralien, der Goldwäsche etc. zu kämpfen, ja das ganze Ausmaß weltweit bekannt zu machen. Der unbedingte und starke Zusammenhalt durch ein neu gewonnenes Selbstwertgefühl der Bevölkerung erzielte, dass die große, internationale Firma ALCOA an die Bauern, denen sie allen Grund und Boden weggenommen hatte, Schadenersatz-Beiträge zahlen und neues Land zurückgeben musste. Zwei der Schwestern versorgten die Kranken unentgeltlich, ein Gesundheitszentrum wurde eingerichtet Bald schon interessierten sich junge Frauen für dieses missionarische Leben der Schwestern und baten um Aufnahme in unsere Gemeinschaft.

Die Abholzung des Regenwaldes am Amazonas hat schwere Folgen für das gesamte Weltklima. In Amazonien selbst wird die Schönheit der Natur zerstört, die Wasser der Flüsse führen verschmutztes, ungenießbares, giftiges Wasser; Fische und Schildkröten sterben. Schlimme Krebserkrankungen häufen sich. Die große Missions-Aufgabe der Schwestern ist, den Mut, die Kraft, den Glauben der Bevölkerung zu stärken, mit ihnen im Vertrauen auf den Schöpfergott neue Wege zu gehen, um Verlorengegangenes mit neuen Möglichkeiten wieder aufzubauen. So werden z. B. abgeholzte Grundstücke mit Obstbäumen und Gemüse bepflanzt, dem einseitigen Soja-Anbau wird eine neue, vielseitige Pflanzen-Kultur entgegengesetzt.

Die Schwestern leiten Kinder und Jugendliche zum Sammeln und Verarbeiten der vitaminreichen Früchte an und wirken selbst mit bei der Entwicklung medizinischer Hilfsmittel aus der Maracuja-Pflanze an der Universität Santarem.

Ohne eine tief gläubige und persönliche Christusverbundenheit, ohne ein Leben nach dem Evangelium und in der Liebe zu den Armen ist Mission heute in ihren Mensch und Schöpfung umfassenden Bereichen, nicht möglich. Hier ist unseren Schwestern der heilige Franziskus, unser Ordensvater, das ideale Vorbild, der große Weggefährte.

Aber es gilt nicht nur um das eigene geistliche Leben besorgt zu sein, eine wesentliche Aufgabe der Schwestern ist die Mitarbeit in den Pfarreien im pastoralen Bereich.

Dom Helder Camara, Bischof von Recife-Olinda (+ 1999), erinnert uns, was MISSION heißt:

Mission heißt aufbrechen, sich auf den Weg machen, alles lassen,
aus sich herausgehen, die Kruste des Egoismus zerbrechen,
die uns in unser Ich einsperrt.

Mission heißt aufhören, sich um sich selbst zu drehen,
als wären wir allein der Mittelpunkt der Welt und des Lebens.

Mission heißt, sich nicht einschließen
In die Probleme jener kleinen Welt,
zu der wir gehören. Die Menschheit ist viel größer!

Mission heißt vor allem sich öffnen für die anderen,
als Geschwister sie finden und ihnen begegnen.

Und wenn es nötig ist, um sie zu finden und sie zu lieben,
die Meere durchkreuzen und durch die Lüfte fliegen.

Dann ist Mission aufbrechen bis an die Grenzen der Erde!